Professor Dr.h.c. Christa Randzio-Plath – 13. Juli 2017
G20 war für mich wichtig. Die Mächtigen dieser Welt müssen sich treffen. Zu viel hängt von ihnen und der gegenseitigen Verständigung ab. Besser wäre ein kleines Format, besser wären mehr Gespräche und weniger Bilder. Das wichtigste Ergebnis war für mich die Vereinbarung für den Waffenstillstand in Südwest-Syrien, der offensichtlich trägt.
Der Hamburg- Gipfel war ein interessantes, wenn auch nicht wegweisendes Ereignis auf dem Weg zu einer anderen Globalisierung. Deutlich wurde, dass Globalisierung menschengemacht ist und deswegen umgesteuert werden kann. Dazu fehlt allerdings der politische Wille der G20- Mächtigen. Erinnern wir uns:
1.Die G20-Staaten repräsentieren gegenwärtig über 80 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, drei Viertel des Welthandels und rund zwei Drittel der Weltbevölkerung. G20 entstand auf Einladung von Präsident Obama als Gipfel der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und der EU, um eine Antwort auf die Herausforderungen der Finanzmarktkrise zu finden. Inzwischen beschäftigt sich der G20-Gipfel mit nahezu allen großen Themen. Es nehmen 19 Staaten, die EU, aber auch die internationalen Organisationen und besondere Gäste auf Einladung der jeweiligen Präsidentschaft teil. Jedes Jahr wechselt die Präsidentschaft.
Die G20 ist keine Weltregierung, die G20 ist ein informelles Format, es gibt weder eine Organisation noch ein Sekretariat. Die politische und ökonomische Machtfülle war und ist ein Reizpunkt für die sog. Weltgesellschaft, die allein in den UN eine legitimierte internationale Institution sieht. Machtfülle, Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflichtigkeit gehören zu den Kritikpunkten an G20. Außerdem werden die G20-Staaten kritisch identifiziert mit dem herkömmlichen Wirtschaftsmodell, das auf Wirtschaftswachstum setzt, um weltweiten Krisen zu trotzen und dabei Ungleichheit, wachsende Ungleichheit, ermöglicht und jegliche Nachhaltigkeit vermissen lässt, die in der UN-Agenda 2030 einstimmig beschlossen worden ist. Dabei werden die G20- Staaten auch als Verursacher der Krisen und Konflikte kritisiert, während die G20- Staaten selbst sich als Teil der „Lösung“ sehen.
2.Die G20-Gruppe war Hoffnungsträger in der Finanzmarktkrise 2008. Es gab wenig Kritik an ihrer Einberufung, viel Kritik an der Etablierung eines neuen Gremiums der Club Governance, das ohne demokratisch legitimierte Strukturen der Entscheidungsfindung auskommt. Aber es ist klar: Die G20 haben die Strippen in der Hand, mit der die Globalisierung konzipiert und gesteuert wird. Damals gab es die Hoffnung, dass der Primat der Politik über die Finanzmärkte und Konzerne zurückerobert werden könnte. Es wurden Versuche der -Regulierung gestartet. -Die Bankenrettungsprogramme verschlangen schließlich Milliarden und zwangen -Staaten wie z. B. Irland in die Knie. Steuerzahler retteten bankrotte Banken, weil sie zu groß waren, um kollabieren zu können. Über intransparente Kapitalmarktstrukturen und -produkte wurde das Finanzsystem weltweit mit Risiken infiziert, die insbesondere auf dem amerikanischen Immobilienmarkt entstanden. Zu den ersten Maßnahmen nach Ausbruch der Finanzmarktkrise zählten daher verschärfte Offenlegungspflichten für Verbriefungen (Basel II.5 und II)). In der EU (und später auch in den USA) wurden zudem durch Einführung obligatorischer Risiko-Selbstbehalte für die Banken wieder Anreize für eine vorsichtigere Kreditvergabe geschaffen. Das Versprechen: Steuerzahler sollen nicht mehr für bankrotte Banken in die Pflicht genommen werden. Finanzstabilität als öffentliches Gut ist aber auch heute immer wieder gefährdet. G20 macht keine weiteren Fortschritte.
Generell hat sich die G20 darauf verständigt, dass zukünftig kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Markt, von dem Risiken für die Stabilität des gesamten Finanzsystems ausgehen können, ohne angemessene Überwachung und Regulierung bleiben darf.
- Deutsche G20-Präsidentschaft
Seit Dezember 2016 hat Deutschland die Präsidentschaft. Die Sherpas der Staats- und Regierungschefs (ChefberaterInnen) bereiten die Gipfelerklärungen vor, die Präsidentschaft hat Einfluss auf Tagesordnung und Themen. Beschlüsse kommen nur einstimmig zustande.
Vorbereitet werden die Gipfel durch sog. Engagement-Groups, die eine Beteiligung der unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Konstellationen gewährleisten sollen wie z.B. C20. Damit soll die Kritik an den G20 aufgefangen werden, die ihre demokratische Legitimation infrage stellt. Von der internationalen Zivilgesellschaft wird die mangelnde Transparenz, Rechenschaftspflichtigkeit und Dialogbereitschaft kritisiert. Außerdem wird eine Schwächung der Vereinten Nationen und der Umsetzung der UN-Agenda 2030 befürchtet. Nicht von ungefähr wurde jeder G20- Gipfel nach Pittsburghs auch Ziel weltweiter Proteste.
Die Globalisierung wird schlecht gestaltet, ihre Rahmenbedingungen stimmen nicht. Sie befindet sich längst im Krisenmodus. Die Welt hat noch nie so massive Ungleichheit gesehen: Acht superreiche Männer besitzen heute so viel wie die Hälfte der Menschheit. Die Kluft zwischen reich und arm wird in den meisten Ländern immer breiter. Die Agenda 2030 muss zentraler Handlungsrahmen für alle Aktivitäten der G20 werden. Zudem muss das Bekenntnis zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens Grundvoraussetzung für die weiteren Verhandlungen werden. Die globale Finanzstruktur darf nicht weiterhin Ungleichheitsstrukturen und Armut verschärfen.
Solange die wirtschaftspolitischen Grundlagen der G20 die alten bleiben, werden auch die Ergebnisse die alten bleiben, und deshalb protestieren immer mehr Menschen gegen diese Art von Globalisierung Zentraler Kritikpunkt bleibt die beharrliche Wachstumsfokussierung in der G20-Politik. Diese steht im klaren Widerspruch zu den Zielen der Agenda 2030 und den Anforderungen an eine internationale Klimapolitik. Das neoliberale Wirtschaftsmodell taugt nicht dazu. G20 braucht eine Agenda, die sich an den Interessen der Menschen und der Umwelt orientiert, die eine gleichberechtigte Chance für zivilgesellschaftliche VertreterInnen garantiert, sich in die Arbeits- und Entscheidungsprozesse der G20 einzubringen und die auch die Interessen jener Staaten zu berücksichtigen, die nicht zur G20 zählen und wie die G20 einen wichtigen Beitrag zu einer gerechten und sozial wie ökologisch verträglichen Globalisierung leisten kann.
Die deutsche G-20-Präsidentschaft wird von Protesten begleitet. Es bleibt festzuhalten, dass es bisher noch keine Präsidentschaft gab, die so partizipativ die zivilgesellschaftlichen Kräfte in die Vorbereitung eines G20-Gipfels einbezogen hat. Das ist allerdings noch keine Garantie für inhaltliche Positionen. Für die Bundesregierung als G20- Präsidentschaft geht es um inhaltliche Positionen in drei Säulen:
- Stabilität: Durch Umsetzung von Strukturreformen und stabilitätsorientierten makroökonomischen Politiken soll die Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaften gefördert werden.
- Zukunftsfähigkeit: Um die Zukunftsfähigkeit der Volkswirtschaften zu verbessern, sollen die Zielsetzungen der Agenda 2030 sowie des Pariser Klimaabkommens umgesetzt werden. Dazu zählen insbesondere die Bereiche Klima- und Energiekonzepte, Lösungen für digitale Herausforderungen, die Stärkung der Stellung der Frau und eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung.
- Verantwortung: Die deutsche Präsidentschaft strebt an, dass die G20 mehr globale Verantwortung übernimmt. Dazu zählen die Themen Migration, Ursachen von Flucht und Vertreibung, Terrorismusbekämpfung, Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption sowie Landwirtschaft und Ernährungssicherung.
- Die Position der Zivilgesellschaft: Stabilität und Zukunftsfähigkeit werden nicht allein durch wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Sicherheit erreicht. Die Mitgestaltung konkreter Aktivitäten und Maßnahmen durch die Zivilgesellschaft ist für eine zukunftsfähige Entwicklung entscheidend. Weltweit ist aber zu beobachten, wie staatliche Maßnahmen die Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft immer weiter einschränken. Das gilt auch für einige der G20-Länder, wie etwa China und Russland. Auch Deutschland und die G20 müssen sich die Frage nach der Einhaltung menschenrechtlicher und demokratischer Prinzipien sowie der zivilgesellschaftlichen Partizipation in Wirtschaftsprozessen stellen.
Die Durchsetzung der Menschenrechte und die Bewahrung der natürlichen Ressourcen durch eine nachhaltige, d.h. sozial-ökologische, Wirtschaftsweise sind letztlich die Grundvoraussetzungen, damit allen Menschen der heutigen und künftigen Generationen weltweit ein menschenwürdiges, sicheres und gesundes Leben ermöglicht wird und sie in den Genuss der positiven Auswirkungen von Globalisierung und weltweiter Vernetzung kommen. Eine Politik im Sinne der Nachhaltigkeit muss entsprechend deutlich kohärenter gestaltet werden, was verlangt, entsprechende Kohärenzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Zu Recht verlangte bereits die chinesische G20-Präsidentschaft die Eindämmung „grüner Risiken“. Klimabezogene Risiken müssen verbindlich offengelegt werden. Für die Finanzmarktakteure müssen insoweit die Ziele der UN-Agenda 2030 und der Pariser Klimakonferenz verbindlich sein wie dies auch für menschenrechtliche und soziale Standards gilt.
- Die G20-Beschlüsse: Mehr als erwartet ist in der Schlusserklärung gelungen:
Erfolg 1: Am Pariser Klimaabkommen halten 19:1 fest. Ist das ein Erfolg? Ja, auch wenn jetzt Erdogan das Verhältnis durch seine Abkehr auf 18:2 verändert at. Die USA bleiben isoliert in der Klimafrage. Das vergrößert auch die Chance, dass in den amerikanischen Bundesstaaten und Großstädten der Trumpschen Politik nicht gefolgt wird. In Hamburg haben 19 Regierungschefs der größten Volkswirtschaften gemeinsam ihre Verpflichtung zur schnellen Umsetzung des Pariser Klimaabkommens bekräftigt und den Versuch von US-Präsident Trump, das Paris-Abkommen zu untergraben, zurückgewiesen. Der zweite Teil des Tests bestehe nun darin, die Umsetzung in den Staaten auch voranzutreiben.
In der Abschlusserklärung werden die Differenzen zwischen den USA und den anderen 19 Partnern im Klimaschutz festgehalten. Die 19 betonen die Irreversibilität des Abkommens, verpflichten sich zur schnellen Umsetzung und beschließen einen detaillierten Klima- und Energie-Aktionsplan. Der Aktionsplan Klima und Energie ist das konkreteste Ergebnis zur Klimapolitik, das es bei der G20 je gab. Er zeigt, dass es jetzt nicht mehr nur um die Bekräftigung des Paris-Abkommens geht, sondern um die Schritte zu seiner Umsetzung. In dem Dokument betonen die 18 Staaten plus EU unter anderem die Bedeutung von langfristigen Klimaschutzstrategien, die bis 2020 vorgelegt werden sollen. Sie verpflichten sich, Entwicklungshilfe und Infrastrukturinvestitionen an Klimazielen auszurichten und nennen Schritte, mit denen Unternehmen und Investoren zur Offenlegung ihrer Klimastrategien ermutigt werden können. Die 19 Partner bekennen sich auch zu ihrer Verantwortung für die Armen und durch den Klimawandel besonders Verletzlichen und starten eine globale Partnerschaft für Finanzierungs- und Klimaversicherungslösungen starten.
Der Versuch der US-Regierung, einen Freifahrtschein für fossile Exporte zu erhalten, wurde eingedämmt, da die USA im gemeinsamen Abschnitt der G20 die globalen Nachhaltigkeitsziele der UN (Sustainable Development Goals) als Rahmen für die Energietransformation akzeptieren. Damit akzeptieren sie, dass bis 2030 der Anteil der Erneuerbaren Energien substanziell wächst und sich das Tempo der Energieeffizienzsteigerung verdoppelt. An vielen Stellen müsste der Aktionsplan aber noch konkreter werden. Das haben einige Länder wie Saudi-Arabien verhindert, die es ausgenutzt haben, dass durch den Rückzug der USA ihre Verhandlungsposition innerhalb der 19 gestärkt wurde. Der Weltklimagipfel im November 2017 kann also Zeichen setzen.
Erfolg 2: Plädoyer für den fairen multilateralen Welthandel. Worte, aber keine Versprechen. Protektionismus wird eine Absage erteilt. Unklar ist das Bekenntnis zur WTO, bilaterale Handelsabkommen werden nicht mit Standards, Normen, Menschenrechten verbunden. Ausländische Privatinvestitionen werden grundsätzlich positiv gesehen. Nachhaltige globale Lieferketten etc werden begrüßt genauso wie ILO-Standards. Es gibt aber keine Verbindlichkeit.
Erfolg 3: Die Botschaft der UN-Agenda 2030 wurde angenommen: alle an den Chancen der Globalisierung teilhaben lassen.
Die Abkehr vom neoliberalen Wirtschaftsmodell erfolgte allerdings nicht. Es gab progressivere Einstellungen 2017, aber außer der Entfernung vom quantitativen Wachstumsziel von 2% von Brisbane 2014 gibt es nur die Leerformel für ein starkes, nachhaltiges, ausgewogenes und inklusives Wachstum. Eine gute Absicht, vielleicht, aber wie durchsetzbar. Formelhaft wird versucht, den Gegensatz von Austeritätspolitik zu einer Wachstumspolitik zu verschleiern, die sich um die Verringerung von Disparitäten und übermäßiger globaler Ungleichgewichte bemüht, auch investitionsbasierte Beschäftigungspolitik fördert.
Digitalisierung für alle oder digitale Inclusion gehört auch zu den wichtigen angenommenen Forderungen.
Beschäftigung ankurbeln. Hier wurden berufliche Qualifizierung und Sozialschutz besonders hervorgehoben. Aber: Null- Erfolge zu:
- Finanz- und Wirtschaftspolitik sind nicht kohärent zu Umwelt-, Entwicklungs- und Arbeits- und Sozialpolitik. Erschwert wurden Ergebnisse hier durch die Zunahme autoritärer und nationalistischer Regierungen.
- Nicht gelungen ist die Verankerung von verbindlichen Standards und Normen in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen und weltweite Lieferketten. Freiwilligkeit auf Unternehmensseite bleibt das Prinzip.
- Die Forderungen der G20-Gewerkschaften blieben unbeantwortet, insbesondere die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit. Der DGB forderte Finanzielle Anreize, um der Niedrigwachstumsfalle zu entkommen und einen gerechten Entwicklungspfad zu beschreiten.
- Arbeitsplatzqualität und Löhne als Kernstück der G20-Maßnahmen zur Auseinandersetzung mit den zunehmenden Ungleichheiten: Fehlanzeige.
- Bis 2025 Steigerung der weiblichen Erwerbsquote um 25%, zusätzlich Förderung weiblichen Unternehmertums.
- Normensetzung für ein verantwortliches unternehmerisches Verhalten mit obligatorischer Sorgfaltspflicht für Menschenrechte in globalen Lieferketten. Fehlanzeige
Erfolg 4: Stabilität sicherstellen- Weitere Schritte für Finanzmarktregulierung. Bei den Schattenbanken geht es weiter. Weitere Risikoabschätzungen sollen im Oktober 2017 vorliegen, um zu Regulierungsvorschriften kommen zu können. Auch bei Steuerkooperation, mehr Transparenz, Zusammenarbeit der Behörden, Informationsaustausch gibt es Fortschritte. Der Hamburger Aktionsplan muss umgesetzt werden
Erfolg 5: Gesundheit wird zum Thema auf der globalen Agenda: Schutz vor Gesundheitskrisen und Schutz der Gesundheitssysteme, Seuchen, Pandemien, Antibiotika-Resistenz. Auch hier: wir leben in einer Welt
Erfolg 6: Women Empowerment: Frauenförderung ist angesagt, aber kein Aktionsplan, nur ein Unternehmerinnenfond bei der Weltbank wurde eingerichtet, der den armen Frauen in den ländlichen Regionen nicht zugute kommt, und eine Arbeitsgruppe „Unternehmerinnen“ gegründet. Verbesserung des Zugangs zu ICT und Digitalisierung. Schwerpunkt Economic Empowerment von Frauen- gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt, zu hochwertiger Beschäftigung, für digitale und finanzielle Inklusion. Auch hier Schwerpunkt Privatwirtschaft. Fraglich, wer davon profitieren wird.
Armut bleibt sexistisch. G20 hat keinen Beitrag geleistet. Die beschlossene Förderung von Unternehmerinnen durch einen Weltbankfonds wird nicht den armen Unternehmerinnen im informellen Sektor nützen.
Erfolg 7. Initiative für Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum vor allem in Afrika. Was wird geschehen? Hoffnung auf JAES-Gipfel in Abidjian
Erfolg 8: Meeresvermüllung: erstmals Thema
Erfolg 9: Verpflichtung, den Weg für nachhaltige Entwicklung im Sinn der Agenda 2030 verbreitern, aber zu allgemein, wenig konkret genau wie beim Thema Migration: bessere Bekämpfung der Fluchtursachen, bessere Steuerung erwünscht, keine Reden über Quoten etc .
Erfolg 10: Afrika- Partnerschaft, richtig, aber…
Der Compact with Africa, CWA, der im Vorwege von den G20 Finanzministern abgestimmt und nach Fertigstellung auch mit einigen afrikanischen Ländern beraten wurde, fand die Zustimmung der G20. Der CWA verdient aber seinen Titel nicht. Er ist aus zwei Gründen kein Vertrag mit Afrika. Zunächst hat das einzige afrikanische G20-Mitgliedsland Südafrika die anderen afrikanischen Länder nicht vertreten. Und: der CWA ist ein Dokument, das die Finanzierung von großen Infrastrukturprojekten mit Auslandsdirektinvestitionen verbindet, in dem die afrikanischen Interessen nicht zum Ausdruck kommen.
Der makroökonomische Rahmen ist vom neoliberalen Washington-Konsensus geprägt, den man bereits lange überwunden glaubte: Fiskaldisziplin, Kapitalverkehrsöffnung, Privatisierung und Deregulierung. Da ist kein Platz für differenzierte Empfehlungen, welche die spezifischen Besonderheiten Afrikas und seiner 54 Staaten berücksichtigen und auf die 2063-Agenda der Afrikanischen Union eingehen. Die Entwicklungsrolle des öffentlichen Sektors wird weitgehend ignoriert; das Heil soll von den privaten Financiers kommen. Die Bedeutung nationaler Entwicklungsbanken für den Mittelstand, staatlicher Pensionskassen und ländlicher Kreditgenossenschaften zur Bekämpfung ländlicher Armut finden keine Erwähnung. Ein Plan für die Finanzierer und Investoren der G20 aber kein Plan für die Bewältigung der größten Probleme Afrikas. Ignoriert werden im CWA auch die Verbindungen zwischen Entwicklung der Infrastruktur und der Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft. Ausgeklammert werden in dem CWA auch die Fragen von Standards (Arbeitsnormen, beschäftigungswirksame Investitionen, Umwelt) und die Rolle der Ausbildung, um Wirtschaftsdynamiken hervorzurufen.
Eine neue G20 Partnerschaft mit Afrika muss gerade die Bekämpfung der Ungleichheit anpacken, wie es das Ziel 10 der Nachhaltigkeitsentwicklungsziele fordert.
Das bedeutet: Endlich in vollem Umfang Exporte afrikanischer Staaten ohne Zölle und Quoten zu akzeptieren und gleichzeitig alle Maßnahmen der Industrieländer zu beenden, die die lokale Eigenproduktion der Landwirtschaft afrikanischer Länder zerstören, sowie Kapitalflucht und Steuerhinterziehung tatsächlich bekämpfen.
- Viele Engagement Groups und ihre Erwartungen sind enttäuscht, einige will ich nennen:
- Die Forderungen zu Konfliktüberwindungen haben keine Rolle gespielt.
- Keine Vereinbarungen gibt es in der Flüchtlings- und Migrationspolitik
- Compact mit Afrika, Neokolonialismus oder „Gute Tat“
Ohne grundlegendes Umdenken in den wirtschaftspolitischen Konzeptionen in Richtung auf Bekämpfung der Ungleichheit und in Richtung auf mehr Gerechtigkeit, im Sinne der Nachhaltigkeitsentwicklungsziele, werden die Konflikte in der Welt zunehmen. Dieses Umdenken lässt sich in den Beratungen und Beschlüssen der jetzigen G 20 nicht erkennen. Da waren die G 20 nach der Finanzkrise 2008/2009 schon weiter.
- Besonders schmerzlich: Nicht gelungen ist eine Schutzerklärung für die Nichtregierungsorganisationen, die angesichts der zunehmend autoritären Regime in G20- Staaten erforderlich ist. In vielen G20 -Staaten werden NRO mundtot gemacht. Die deutsche Präsidentschaft hat eine sehr weitreichende und umfassende Beteiligung der G-20- Zivilgesellschaft möglich gemacht. Die Vielfalt der Zivilgesellschaft wurde deutlich, die einerseits Kritik und Lösungswege formulierte, die andererseits Proteste organisierte. Es ist furchtbar, dass sich Proteste und Gewalt fatal mischten, mit Schaden für die Bevölkerung und die Polizei. Ein Sonderausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wird die Vorgänge untersuchen.
Aber: international bekämpfen viele G20-Staaten eine unabhängige Zivilgesellschaft in ihren eigenen Ländern.
- Schlussfolgerung: viele gute Vereinbarungen, auch zwei Aktionspläne, die umgesetzt werden sollen in Bezug auf Umwelt und Energie, Finanzmarktreformen, Finanzstabilität, Strukturreformen, aber unkritische Betonung von Privatinvestitionen.
Wichtig ist auch, dass die Verhandlungen zur Reform der Finanzmärkte weitergehen und an den schärferen Vorgaben für die großen und international vernetzten Finanzmarktakteure nichts geändert wird. Die G20 bekräftigte ihr Engagement gegen Steuertricksereien internationaler Konzerne, genauso wie das Engagement gegen Staaten, die als Steueroasen auftreten. Innovativ ist die Aufnahme globaler Gesundheitsfragen als Risiken für die Weltgesellschaft. Vereinbart wurde auch nicht nur die Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus, sondern die Bereitschaft, die Bedingung