G20 in Hamburg

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SPD – Altona, 3. Mai 2017

Worin besteht der Auftrag der G 20?
Welche politischen Initiativen sind bisher von ihr ausgegangen?
Welche zentralen Themen stehen auf dem Gipfel 2017 auf der Tagesordnung?
Was tut die Bundesregierung als diesjährige Präsidentschaft der G 20?
Kommt es zu weiteren Fortschritten oder stehen wir am Beginn einer neuen Eiszeit?
Protestbewegung und Alternativen – was fordern z.B. die C 20, der Zusammenschluss internationaler zivilgesellschaftlicher Initiativen

Die G20-Staaten repräsentieren gegenwärtig über 85 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, drei Viertel des Welthandels und rund zwei Drittel der Weltbevölkerung.

G20 entstand auf Einladung von Präsident Obama als Gipfel der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und der EU, um eine Antwort auf die Herausforderungen der Finanzmarktkrise zu finden. Inzwischen beschäftigt sich der G20-Gipfel mit nahezu allen großen Themen. Es nehmen auch die internationalen Organisationen und besondere Gäste auf Einladung der jeweiligen Präsidentschaft teil. Jedes Jahr wechselt die Präsidentschaft.

Die G20 ist keine Weltregierung, die G20 ist ein informelles Format, es gibt weder eine Organisation noch ein Sekretariat. Die politische und ökonomische Machtfülle der G20-Staaten war ein Reizpunkt für die sog. Weltgesellschaft, die allein in den UN eine legitimierte internationale Institution sieht. Machtfülle, Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflichtigkeit gehören zu den Kritikpunkten. Außerdem werden die G20-Staaten kritisch identifiziert mit dem herkömmlichen Wirtschaftsmodell, das auf Wirtschaftswachstum setzt, um weltweiten Krisen zu trotzen und dabei Ungleichheit, wachsende Ungleichheit, ermöglicht und jegliche Nachhaltigkeit vermissen lässt, die in der UN-Agenda 2030 einstimmig beschlossen worden ist. Dabei werden die G20- Staaten als Verursacher der Konflikte kritisiert, während die G20- Staaten selbst  sich als Teil der „Lösung“ sehen.

 

Die G20-Gruppe war Hoffnungsträger in der Finanzmarktkrise 2008. Es gab wenig Kritik an ihrer Einberufung, viel Kritik an der Etablierung eines neuen Gremiums der Club Governance, das ohne demokratisch legitimierte Strukturen der Entscheidungsfindung auskommt. Aber es ist klar: Die G20 haben die Strippen in der Hand, mit der die Globalisierung konzipiert und gesteuert wird. Damals gab es die Hoffnung, dass der Primat der Politik über die Finanzmärkte und Konzerne zurückerobert werden könnte. Es wurden Versuche der -Regulierung gestartet. -Die Bankenrettungsprogramme verschlangen schließlich Milliarden und zwangen -Staaten wie z. B. Irland in die Knie. Steuerzahler retteten bankrotte Banken, weil sie zu groß waren, um kollabieren zu können. Aber: auch die Finanzmarktakteure wurden zur Umkehr gezwungen wie durch die Aufstockung des Eigenkapitals der Banken, eine neugestaltete Bankenaufsicht, neue Finanzmarktgesetzgebung in vielen G20-Staaten. Maßgeblich zur Überwindung der „too-big-to-fail“-Problematik trägt in Deutschland bereits das Restrukturierungsgesetz bei, das seit 2011 Instrumente für den Umgang mit Banken in Schieflage bereithält. Diese können danach unter Beteiligung der Anteilseigner sowie gegebenenfalls auch der Gläubiger saniert, reorganisiert und notfalls abgewickelt werden. Also: niemals mehr sollen Steuerzahler gezwungen werden, Banken zu retten.

Über intransparente Kapitalmarktstrukturen und -produkte wurde das Finanzsystem weltweit mit Risiken infiziert, die insbesondere auf dem amerikanischen Immobilienmarkt entstanden. Zu den ersten Maßnahmen nach Ausbruch der Finanzmarktkrise zählten daher verschärfte Offenlegungspflichten für Verbriefungen (Basel II.5). In der EU (und später auch in den USA) wurden zudem durch Einführung obligatorischer Risiko-Selbstbehalte für die Banken wieder Anreize für eine vorsichtigere Kreditvergabe geschaffen.

Generell hat sich die G20 darauf verständigt, dass zukünftig kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Markt, von dem Risiken für die Stabilität des gesamten Finanzsystems ausgehen können, ohne angemessene Überwachung und Regulierung bleiben darf. Dieser Grundsatz ist insbesondere mit Blick auf das sogenannte Schattenbankensystem von Bedeutung. In der Europäischen Union wurden hierfür einige wenige Gesetzgebungsvorhaben angestoßen. Ein Beispiel ist die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds, mit der u. a. Manager von Hedgefonds europaweit einheitlich reguliert wurden.

Das Ziel einer verbesserten Transparenz wird auch mit den neuen Vorschriften zum Derivatehandel verfolgt. Geschäfte mit Derivaten müssen in der Europäischen Union seit Februar 2014 speziellen Transaktionsregistern gemeldet werden. Nationale Aufsichtsbehörden, Zentralbanken sowie die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erhalten anhand der Meldedaten einen besseren Überblick über die Geschäfte und deren Risiken. Ferner müssen standardisierte Derivate, die außerbörslich („over the counter“) gehandelt werden, künftig über zentrale Kontrahenten abgewickelt werden, für die strenge Aufsichtsanforderungen gelten. Im Zusammenspiel mit den ebenfalls neu eingeführten Pflichten zur Risikominimierung bei Derivaten, die nicht zentral abgewickelt werden, bewirken die Abwicklungspflichten eine deutliche Verringerung der Risiken für das Finanzsystem.

Das galt weitgehend nur für die europäische Gesetzgebung, aber teilweise auch für die USA mit dem Dodd-Frank-Act zur stärkeren Regulierung der Banken. Präsident Trump will die internationalen Finanzmärkte wieder deregulieren, insbesondere die Finanzierung von ethisch fragwürdigen Rohstoffanbaumethoden in Entwicklungsländern erlauben. Rohstoffe sollen ohne Regulierungshindernisse abgebaut werden können. Wichtig sind die voraussichtlichen Kürzungen zur Finanzierung zum Klimaschutz, die Aufhebung strenger Regeln zur Überwachung und zum Eingriff bei der Finanzmarktaufsicht des Bundes (Financial Stability Oversight Council).

Wallstreet wird da schon Einfluss nehmen, zumal der Finanzminister z.B. ein ehemaliger Investmentbanker ist. Es ist nicht zu erwarten, dass die Trump-Pläne zur Reform der Finanzmärkte sich an europäischen Standards ausrichten werden. Es besteht die Gefahr, dass von bereits vereinbarten internationalen Standards abgewichen wird.  So sollen Banken das Geschäft, das nicht der Einlagensicherung unterliegt, in Holdings ausgliedern dürfen. Die Folge wäre die Trennung des Investmentbankings vom Einlagen- und Kreditgeschäft.  Dadurch werden Kunden- und Einlagensicherheit gefährdet. Es gibt die Gefahr, dass es keine weiteren internationalen Vereinbarungen zur Finanzmarktstabilität gibt, wenn nicht alle die amerikanischen Vorstellungen übernehmen. Dabei ist unklar, welche Richtung die USA einschlagen.

Das Interesse an Finanzmarktstabilität ist wieder gestiegen, der Krisenmodus besteht weiter. Und die größten Banken der Welt, vor allem in den USA, sind noch größer geworden. Damit ist das Versprechen der G20, dass keine Bank zu groß sein darf, um ohne Gemeinwohlschaden Konkurs gehen zu können, nicht eingehalten.  Für Schattenbanken wurden keine Regeln eingeführt. Die Finanzmärkte haben sich weiter vertieft und ausgeweitet.  Die Finanztransaktionssteuer wurde nicht eingeführt und auch andere Instrumente zur Kontrolle und Vermeidung exzessiver Spekulation fehlen. Weiße Seiten gibt es auch bei dem Thema“ sozial und ökologisch nachhaltige Finanzen“. Auch wenn es seit 2016 eine Studiengruppe gibt, sind die G20 weit davon entfernt, die Kohärenz und Kompatibilität der 2030 -Agenda und des Paris-Abkommens herzustellen.

Zur Herstellung von Finanzstabilität sollen auch Maßnahmen zur Schuldenbekämpfung, Steuervermeidung, Austrocknung von Steueroasen, Versteuerung der Gewinne, wo sie erwirtschaftet werden, Kontrolle der Kapitalflüsse diskutiert werden. An Beschlüssen fehlt es. Das gilt auch für Privatinvestitionen, wo es bis heute an verpflichtenden Beschlüssen für die Privatwirtschaft fehlt, Menschenrechte zu berücksichtigen.

 

Deutsche G20-Präsidentschaft

Seit Dezember 2016 hat Deutschland die Präsidentschaft. Die Sherpas der Staats- und Regierungschefs (ChefberaterInnen) bereiten die Gipfelerklärungen vor, die Präsidentschaft hat Einfluss auf Tagesordnung und Themen. Beschlüsse kommen nur einstimmig zustande.

Vorbereitet werden die Gipfel durch sog. Engagement-Groups, die eine Beteiligung der unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Konstellationen gewährleisten sollen wie z.B. C20.. Damit soll eine Kritik an den G20 aufgefangen werden, die ihre demokratische Legitimation infrage stellt. Von der internationalen Zivilgesellschaft wird die mangelnde Transparenz, Rechenschaftspflichtigkeit und Dialogbereitschaft kritisiert. Außerdem wird eine Schwächung der Vereinten Nationen und der Umsetzung der UN-Agenda 2030 befürchtet. Nicht von ungefähr wurde jeder G20- Gipfel nach Pittsburghs auch Ziel weltweiter Proteste.

Die Globalisierung wird schlecht gestaltet, ihre Rahmenbedingungen stimmen nicht. Sie befindet sich längst im Krisenmodus. Die Welt hat noch nie so massive Ungleichheit gesehen: Acht superreiche Männer besitzen heute so viel wie die Hälfte der Menschheit. Die Kluft zwischen reich und arm wird in den meisten Ländern immer breiter. Die Agenda 2030 muss zentraler Handlungsrahmen für alle Aktivitäten der G20 werden. Zudem muss das Bekenntnis zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens Grundvoraussetzung für die weiteren Verhandlungen werden. Die globale Finanzstruktur darf nicht weiterhin Ungleichheitsstrukturen und Armut verschärfen.

Solange die wirtschaftspolitischen Grundlagen der G20 die alten bleiben, werden auch die Ergebnisse die alten bleiben, und deshalb protestieren immer mehr Menschen gegen diese Art von Globalisierung Zentraler Kritikpunkt bleibt die beharrliche Wachstumsfokussierung in der G20-Politik. Diese steht im klaren Widerspruch zu den Zielen der Agenda 2030 und den Anforderungen an eine internationale Klimapolitik. Das neoliberale Wirtschaftsmodell taugt nicht dazu. G20 braucht eine Agenda, die sich an den Interessen der Menschen und der Umwelt orientiert, die eine gleichberechtigte Chance für zivilgesellschaftliche VertreterInnen garantiert, sich in die Arbeits- und Entscheidungsprozesse der G20 einzubringen und die auch die Interessen jener Staaten zu berücksichtigen, die nicht zur G20 zählen und wie die G20 einen wichtigen Beitrag zu einer gerechten und sozial wie ökologisch verträglichen Globalisierung leisten kann.

Zivilgesellschaft: Stabilität und Zukunftsfähigkeit werden nicht allein durch wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Sicherheit erreicht. Die Mitgestaltung konkreter Aktivitäten und Maßnahmen durch die Zivilgesellschaft ist für eine zukunftsfähige Entwicklung entscheidend. Weltweit ist aber zu beobachten, wie staatliche Maßnahmen die Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft immer weiter einschränken. Das gilt auch für einige der G20-Länder, wie etwa China und Russland. Auch Deutschland und die G20 müssen sich die Frage nach der Einhaltung menschenrechtlicher und demokratischer Prinzipien sowie der zivilgesellschaftlichen Partizipation in Wirtschaftsprozessen stellen.

Die Durchsetzung der Menschenrechte und die Bewahrung der natürlichen Ressourcen durch eine nachhaltige, d.h. sozial-ökologische, Wirtschaftsweise sind letztlich die Grundvoraussetzungen, damit allen Menschen der heutigen und künftigen Generationen weltweit ein menschenwürdiges, sicheres und gesundes Leben ermöglicht wird und sie in den Genuss der positiven Auswirkungen von Globalisierung und weltweiter Vernetzung kommen. Eine Politik im Sinne der Nachhaltigkeit muss entsprechend deutlich kohärenter gestaltet werden, was verlangt, entsprechende Kohärenzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Zu Recht verlangte bereits die chinesische G20-Präsidentschaft die Eindämmung „grüner Risiken“. Klimabezogene Risiken müssen verbindlich offengelegt werden. Für die Finanzmarktakteure müssen insoweit die Ziele der UN-Agenda 2030 und der Pariser Klimakonferenz verbindlich sein wie dies auch für menschenrechtliche und soziale Standards gilt.

Der Gipfel der C20 wird am 18.und 19. Juni 2017 in der Hafencity-Universität stattfinden.Die Bundeskanzlerin wird zu einem Dialog erwartet.

Alternativgipfel: Alternativgipfel 5.und 6. Juli, Demo am 8. Juli 2017: Auf Kampnagel organisiert ein Aktionsbündnis zum Hamburger Aufruf in Foren und Workshops „Gipfel der 1000 Alternativen“ 5.6.Juli, Kampnagel mit internationaler Beteiligung. Aufruf: Am 7. und 8. Juli trifft sich die Gruppe der 20 (G20) in Hamburg. Dieser selbsternannte Klub der Regierenden von 19 der wirtschaftsstärksten Länder der Welt und der EU behauptet von sich, die globalen Krisen zu bekämpfen. Die Wirklichkeit zeigt ein anderes Bild:

  • Die G20 verteidigt ein System, das die soziale Ungleichheit auf die Spitze treibt, statt Politik zu machen gegen die Verelendung und den Hunger, für Gerechtigkeit und Wohlstand für alle weltweit.
  • Viele Regierungen der G20-Staaten beschneiden die Rechte der Beschäftigten, der Erwerbslosen und der kleinen Selbständigen und verschärfen so die Umverteilung von unten nach oben.
  • Wirtschaftswachstum ist ihnen wichtiger, als die globale Erwärmung und die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen zu stoppen.
  • In Reaktion auf die Finanzkrise 2008 sollten innerhalb der G20 globale Regeln für eine stabile Finanzwirtschaft vereinbart werden, um diese in ihre Grenzen zu verweisen. Stattdessen ist der Finanzsektor immer weiter gewachsen. Dieser nimmt nun auch die Natur oder Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge als neue Kapitalanlagen in den Blick.
  • Viele G20-Regierungen billigen Waffenexporte, rüsten auf und führen Kriege, etwa in Afghanistan oder in Syrien – ja sogar gegen Teile der eigenen Bevölkerung, wie in der Türkei.
  • Die Politik der G20-Regierungen trägt zur Flucht und Migration von Millionen Menschen bei. Gleichzeitig machen viele dieser Regierungen die Grenzen dicht und nehmen so in Kauf, dass jedes Jahr Tausende Menschen sterben.
  • In vielen Staaten der G20 werden Grundrechte und Demokratie abgebaut. Menschen, die sich für soziale und ökologische Belange sowie Menschenrechte einsetzen, werden kriminalisiert.
  • Obwohl die G20 vorgibt, internationale Zusammenarbeit zu stärken, werden die UNO und ihre Fachorganisationen durch ihre Politik de facto geschwächt.

All das bedeutet: Die Politik der G20 ist Teil des Problems.Wir sind überzeugt: eine andere Politik ist möglich! Deshalb versammeln wir uns beim „Gipfel für globale Solidarität“! Höchste Zeit, dass alle diejenigen, die eine andere Politik wollen oder bereits praktizieren, sich verständigen, wie wir in dieser Situation eine Wende erreichen können. Wir müssen die Zusammenhänge der globalen Probleme untersuchen und sie an der Wurzel packen. Wir fragen:

  • Wie überwinden wir Armut, Ausbeutung, Unterdrückung, Krieg und Naturzerstörung?
  • Wie können wir soziale Rechte global durchsetzen?
  • Wie können wir partizipative und demokratische Rechte stärken?
  • Wie bekämpfen wir effektiv Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie?
  • Wie erreichen wir ein Gemeinwesen, das auf Kooperation, Selbstbestimmung und Solidarität basiert?
  • Wie sieht eine Wirtschaft aus, die dem Menschen dient und nicht den Profitinteressen?
  • Welchen Grundsätzen sollte globale Politik, einschließlich die der G20, folgen? Und wie sehen alternative Politikansätze aus

Weiter wird es ein Friedenscamp geben (10 000), eine Demo(2.7.) mit Kirchen, DGB etc, einen Tag ziviler Ungehorsam 7.7., die Großdemo am 8.7.(ATTAC,BUND etc).  .

Andere Veröffentlichungen: